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Laufseminar

Laufseminar an der Costa de la Luz


Morgens halb sieben. Die beste Zeit, sich noch einmal umzudrehen und in die Kissen zu kuscheln. Wozu hat man Urlaub. Aber diesmal wird nichts aus Ausschlafen. Um sieben Uhr wartet das erste Date. Braungebrannt, drahtig und hellwach tänzelt Marathon-As Kurt Stenzel in der Lobby der Ferienanlage in Chiclana an der Costa de la Luz. Aus den langen Gängen schleichen mehr oder weniger ausgeschlafen seine Eleven zum Treffpunkt. Mit Biorhythmus (Leistungsfähigkeit) und Ebbe (viel Platz am Strand) hat er sie zu so früher Stunde aus den Federn gelockt. Schließlich sind sie hier, um zu Laufen. Nicht fett, sondern fit werden im Urlaub ist ihre Devise und ein Laufseminar mit Cracks wie Stenzel oder Triathlon-Bundestrainer Ralf Ebli die Gelegenheit, sich mit dem vielzitierten Laufvirus zu infizieren.
Während hinter den Dünen die Sonne aufsteigt, geht es an den Strand. "Ob ich da mithalten kann?", zweifelt Anette, die bisher mit Sport nicht viel am Hut hatte. Aber ein paar Kilo zu viel und das Gefühl, endlich etwas für ihren Körper tun zu wollen, haben in ihr den Entschluss reifen lassen, mit dem Laufen zu beginnen. Und weil es allein so schwer ist, den inneren Schweinehund zu besiegen, will sie sich hier im Trainingscamp unter südlicher Sonne den Kick holen. Bei Ralf Ebli ist sie dafür genau an den Richtigen geraten. Für ihn ist Laufen pure Freude und genau die kann er vermitteln.

Während die ambitionierteren in verschiedenen Leistungsgruppen bereits laufend in der nächsten Bucht verschwinden, hüpfen und springen Eblis Anfänger im weichen Sand. Der Strand wird zum Spielplatz und seriöse Erwachsene zu ausgelassenen Kindern, die plötzlich wieder Freude an der Bewegung haben. Koordinationsspiele machen locker und wach. Bewegung und frische Luft setzen Glückshormone frei und während Ralf Ebli mit lockeren Sprüchen Anette und ihre fünf Mitstreiter gar nicht erst an besondere Anstrengung denken lässt, hat er doch jeden Einzelnen aufmerksam im Blick und bremst rechtzeitig, ehe sich jemand überfordert. Ein paar schaffen schon am ersten Morgen den ganzen Weg zur Ruine von Sancti Petri. Für die anderen ist der alte Turm Ansporn für die nächsten Tage, die, den einen Ruhetag ausgenommen, allesamt mit einem morgendlichen Lauf beginnen.

Für diejenigen, die ihren ersten Marathon im Visier haben, steht nach der Laufstilanalyse mit Video schon nach dem Mittagessen die zweite Trainingseinheit auf dem Programm. Die Neulinge, denen Ebli eine Ruhepause verordnet, machen einen Abstecher ins Hinterland. Vejer de la Frontera gilt nicht von ungefähr als einer der schönsten Orte Andalusiens. Imposant thront das weiße Dorf auf einem steilen Hügel. Die Straßen sind eng und verwinkelt und bieten kaum Platz für ein Auto und Fußgänger. Nur an der Plaza de Espana wird der Raum weit. Früher jubelten hier die Anwohner von den Balkonen den Toreros beim Stierkampf zu. Heute erinnert nur noch die Form an die ehemalige Arena. Ruhig plätschert das Wasser im Brunnen mit den farbigen Kacheln; Relikte aus der arabischen Vergangenheit der Gegend und ein wunderbarer Blickfang. Anette sitzt im Schatten der riesigen Palmen und streckt die müden Beine von sich. Sie glücklich, dass sie sich zum Laufen entschieden hat und zufrieden, dafür eine so schöne Umgebung wie die Costa de la Luz gewählt zu haben. Bekannt ist die Gegend zwischen Gibraltar und der portugiesischen Grenze vor allem bei Seglern und Surfern. Doch während die besonders bei Tarifa über die Wellen brettern, finden auch Landratten in dieser (noch) ruhigeren Ecke Andalusiens ausgezeichnete Sportbedingungen. Ob bei ausgedehnten Wanderungen und knackigen Mountainbiketouren in der Sierra de Grazalema mit ihren tiefen Schluchten und Tälern oder beim Tennis, Reiten, Radfahren und Golfen am vorwiegend flachen Küstenstrich. Natürlich auch beim Laufen.

Als die Etappen länger und die Kondition besser werden, wird auch der nahe Pinienwald zum Trainingsgelände. Am Strand hält Kurt Stenzel am Nachmittag Workshops und Seminare für alle. Mal wird gedehnt, mal gibt es Steigerungsläufe. Beim barfuß Laufen kitzelt der Sand in den Zehen und mit der richtigen Funktionsgymnastik lernt man endlich seine Schwachpunkte auszugleichen. Und auch hier dauert es nicht lange, ehe die Begeisterung des Trainers auf die Gruppe überschwappt. Durchtrainierte Marathonläufer sind nicht minder fasziniert, wie der Vorruheständler, dem der Arzt dringend zu etwas mehr Bewegung geraten hat.
So laufen, stretchen und fachsimpeln sie über Ernährung, Schuhkauf und Trainingspläne und die Woche scheint vorüber, kaum dass man das erste Mal in Trainingsanzug und Laufschuhe schlüpfte. Begeistert sind alle und hochmotiviert und Anette hat schon vor der Abreise ihr nächstes Laufcamp im Herbst gebucht. Dann in der Fortgeschrittenen-Gruppe.

 
 
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